Frankreich,  St. Paul de Vence

Savoir vivre in St. Paul de Vence

Es gibt sie, diese magischen Orte, die den Reisenden vom ersten Moment an, da er seinen Fuß auf das ihm noch unbekannte Terrain setzt, verzaubern. Vor einem guten Jahrzehnt habe ich diesen Ort für mich entdeckt. Ganze sieben Male schon hat es mich hierher zurückverschlagen, wobei das Reisemotiv stets einem anderen Motto unterlag, etwa als letzter Anlaufpunkt eines Road-trips durch die Provence oder romantische Wochenenden mit der besseren Hälfte, mein 30. Geburtstag, Genussreisen, meine Junggesellinnen-Abschiedsfeier, uvm. Eines jedoch ist immer geblieben – die vertraute Vorfreude ob der Wiederkehr an einen Ort den man als sein persönliches Kleinod bezeichnet. Das ist St. Paul de Vence – mein persönlicher Inbegriff der Schönheit, widerspiegelt das kleine Künstlerdorf  für mich den französischen Lebensstil a là Côte d’Azur wie kein anderer Ort.

Zugegeben, der malerische Ort, nur 7 km von der blauen Küste entfernt und knapp 17 km von Nizza-Stadt gelegen, zählt nicht mehr zu den Geheimtipps. Das kleine Dorf leidet unter den Touristenströmen, die schon vormittags in Bussen herangekarrt werden und dann mit ihren Kameras durch die engen Gassen wälzen, vor dem Brunnen Grande Fontaine posieren, Schlange vor Marc Chagall’s Grab anstehen, einen Blick auf die Picassos im La Colombe d‘Or erhaschen wollen und jeden Winkel des mittelalterlichen Künstlerdorfes belagern. Erst zu Abend hin, wenn wieder Ruhe eingekehrt ist, findet das Dorf zu alter Form zurück. Die blauen Fensterläden öffnen sich, Chanson-Musik erfüllt die Altstadtgassen, die Künstlerateliers schließen, die Lokale füllen sich. Auf dem Hauptplatz vor dem Café de la Place bereitet die ältere Generation gerade eine Partie Boule vor, natürlich mit einem Glas Pastis in der Hand. Von meiner Lieblingsecke im Chez Andreas aus, lässt sich bei einem Glas Rosé der Sonnenuntergang mit Küsten-Panorama vor dem Hintergrund der Provence-Alpes-Côte d’Azur bewundern und dabei mühelos mit den Einheimischen ins Gespräch kommen welche, ganz gegen alle negativ behafteten Franzosen-Klischees, den Fremden sehr zugewandt sind. Luc, unser lieber Freund und Vermieter lädt zu später Stunde zum Abendessen in geselliger Runde ein. Imitation der Wirklichkeit? Weit gefehlt – lediglich ein normaler Tag in Nizzas Hinterland, einer der lebenswertesten Orte der Welt, an dem savoir vivre nicht nur eine Phrase, sondern eine Lebenshaltung ist.

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