Die letzten 9 km bis nach Cirueña werden wieder zur Bewährungsprobe – die Sonne auf ihrem Zenit, gibt es weit und breit keine Bäume oder schattigen Plätzchen. Der heiße Wind sorgt nur bedingt für Abkühlung. Der Weg führt wieder über Felder und Schotterpisten, kein Mensch weit und breit. Wie staune ich, als am Wegesrand plötzlich eine kleine Einkaufstasche auftaucht, die bis obenhin mit Trinkflaschen bestückt ist! Die Bewohner geben wirklich Acht auf ihre Pilger. Seit unlängst in den Medien vom Tod eines Pilgers auf der Vía de la Plata, aufgrund von Wassernot, berichtet wurde, rückt die ausreichende Trinkversorgung der Pilgernden wieder verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Gerade während der heißen Jahreszeit darf die Kraft der Sonne während der Wanderung nicht unterschätzt werden.
Um 14:30 Uhr erreiche ich, bis auf die Socken durchgeschwitzt, endlich mein Tagesziel. Doch wo bin ich hier? Irgendwo in der Ödnis, zwischen Weizenfeldern und Fernfahrstraßen erstreckt sich vor mir die „Stadt“. Das soll eine Stadt sein??? Cirueña kann ich nicht einmal als Mikrodorf bezeichnen werden – es wirkt eher wie eine aufgeschüttete Betoninsel inmitten der Felder. Besonders verwirrend ist auch, dass man über eine Umgehungsstraße in das benachbarte Ciriñuela gelangt. Nach einigen Momenten der Verwirrung gelange ich, einer langen Betonstraße folgend, an mein Ziel. Das einzige Highlight bildet die kleine Kirche vor dem Dorfplatz und genau vis-à-vis befindet sich in einem Reihenhaus meine Privatherberge Casa Victoria Als ich mein schnuckliges Omama-Zimmer im Dachgeschoss beziehe tut es mir dann aber schon fast wieder leid, dass ich ein so abwertendes Urteil über die Stadt gefällt habe – nicht im Traum hätte ich mir ausgemalt, hier eine so nette Unterkunft vorzufinden. Die schrullige hospitalera erklärt mir, dass man sich in der Küche mit einer kleinen Spende von allem bedienen darf, Wein inklusive! Mein Pilgerherz erstrahlt vor Freude.