Nachdem ich mich zu 100% wiederhergestellt fühle, geduscht, erfrischt und meine verschwitze Pilgerkluft gegen sauberes „Zivilgewand“ getauscht habe, bin ich bereit, die Stadt zu erkunden. Immerhin habe ich bereits um 14:00 Uhr mein Tagesziel erreicht, somit bleibt genügend Spielraum um die Umgebung zu erforschen. Belorado ist eine reizende Stadt, die so gar nichts mit der staubigen Meseta gemein hat. Auf der plaza mayor finde ich eine gute Auswahl an Lokalen entlang der Arkadenbögen, mit Blick auf die Iglesia San Pedro. Es ist siesta und die Hitze legt sich träge über die Stadt während die Spanier ein Nickerchen halten. Für mich ist es unmöglich, zu dieser Tageszeit schlaf zu finden, selbst nach einem langen Tagesmarsch. Dafür genieße ich die Stille dieser Tageszeit umso mehr. Die Stadt gehört dann mir, bevor sie um 17 Uhr wieder zum Leben erwacht und alles ins Freie strömt. Ich nutze die Zeit, um meine nächsten Etappen zu planen. In zwei bis drei Tagen werde ich Burgos erreichen und meinen Mann endlich wieder sehen. Ich fasse es kaum, dass ich schon zwei Wochen lang, auf dem Camino wandere. Ob er eine Veränderung an mir feststellen kann? Ich hab bestimmt schon ein paar Kilo abgenommen und es ist mir nicht entgangen, dass sich schon genau dieselben peinlichen Socken-Sonnenabdrücke an meinen Beine abzeichnen, die ich immer nur bei anderen Pilgern beobachten konnte. Meine Haut wirkt schon jetzt wettergegerbt und stark gebräunt, wie werde ich erst zum Ende meiner Reise aussehen? Wie ein gegrilltes Schnitzel wahrscheinlich… Ich hänge meinen Gedanken noch eine Weile nach, beschließe dann, dem Ratschlag meiner hospitalera zu folgen und die Burgruine mit Blick über die Meseta zu besuchen und eine letzte Runde durch die Stadt zu drehen, ehe ich mich in meine Unterkunft zurückbegebe. Im Hostel ist schon einiges los, das Abendessen wird in der offenen Küche des Gemeinschaftsraumes vorbereitet. Erst jetzt entdecke ich, dass die Unterkunft auch einen kleinen Supermarkt beherbergt. Gut versorgt mit dem Nötigsten, bietet sich mir die Gelegenheit, mit meinen Mitpilgern ins Gespräch zu kommen. Es erstaunt mich immer wieder, wie unbefangen und einfach die Menschen hier zueinander finden. Die Atmosphäre im Hostel ist grandios, eine gemütliche Chill-area mit Pölstern und Büchern sorgt für entspannte Stimmung. Gerne lasse ich mich noch auf ein Abschlussgläschen überreden, bevor ich mich der Herausforderung stelle, im Schlafsaal eine geruhsame Nachtruhe anzutreten.